2009 31. März

Ich halte es für ein gewieftes Marketing-Lehrstück. Der Preis wird bestimmt von Angebot und Nachfrage. Die Nachfrage nach Lexika in gedruckter Form geht momentan gegen Null, Wikipedia sei Dank. Klar, auch ich nutze die Wikipedia für die „tägliche Recherche“, ist einfach zu bequem, zu aktuell, zu gut, um es sein zu lassen.

Der Brockhaus hat darauf hin schon vor einem Jahr Monaten die Segel gestrichen und mitgeteilt, dass es keine Print-Ausgabe mehr geben werde, dafür solle die Reihe kostenfrei im Internet zur Verfügung stehen. Ich habe schon vor einem Jahr meine Einschätzung abgegeben, dass der Brockhaus damit tot ist, weil er online einfach nicht bestehen kann, schon gar nicht refinanziert durch Werbeerlöse.

Jetzt hat zum Ende März der Cornelsen-Verlag die wahrscheinlich wertlose Brockhaus-Hülle übernommen. Ich denke mal, einen positiven Cash Flow weist das Unternehmen nicht mehr auf und wenn man den dann noch diskontiert…do the math. Wir halten also fest: Cornelsen dürfte nicht mehr viel für die Marke, das letzte Relikt des Verlages, gezahlt haben.

Ein weiterer, nicht unbedeutender Marktteilnehmer, hat heute ebenfalls aufgegeben: Microsofts Encarta wird nach 16 Jahren eingestellt.

Zusammenfassend: die Online-Konkurrenz schrumpft und bis auf die Enzyklpaedia Britannica und Meyer’s Lexikon gibt es keine gedruckten Lexika mehr. Nun ist es aber so, dass Menschen Lexika -und gerade Lexika- nicht nur aus Bildungsgründen kaufen, sondern auch und vorrangig aufgrund ihrer repräsentativen Funktion im Bücherregal. Ich kenne Menschen, die sind beruflich weit gekommen – und lesen morgens im Büro die BILD (ja, das sind teilweise die Leute, die uns den ganzen Mist eingebrockt haben oder zumindest nicht ganz unbeteiligt daran sind). Traurig aber wahr. Nur zuhause, da steht die 22. Ausgabe Brockhaus, Goldschnitt, und darauf angesprochen murmeln sie etwas wie „naja, uhm, nun, man braucht ja mal was zum Nachschlagen, so für zwischendurch, etwas, auf das Verlass ist, Sie wissen schon…“.

Dasselbe gilt für die gebundene Ausgabe von Nietzsches Biographie, die Jubiläums-Edition von „Krieg und Frieden“ in Leder und die Nikomachische Ethik in der altgriechisch-deutschen Kombiversion. Alles nie gelesen, aber macht sich irre gut im Wohnzimmer, für die Gäste.

Wenn ich Cornelsen wäre (und ich glaube, da hat jemand Cleveres ganz bewusst die Strippen gezogen), würde ich mich einfach 15-20 Jahre zurücklehnen und in aller Ruhe die 23. Auflage des Brockhaus vorbereiten. Das wird der Zeitpunkt sein, wo es wenigstens einen der Beiden Erzrivalen -Meyers und EB- nicht mehr geben wird, aber eine rege Nachfrage nach einer einigermaßen aktuellen, gedruckten Version „des Brockhaus“ für das Wohnzimmer. Mit Goldschnitt. Für diese Kundengruppe ist es die 5.000, 6.000 EUR locker wert. Als Produktmanager würde ich auch noch eine limitierte Sonderedition in Büttenpapier und Ledereinband bereithalten, zum Preis eines Golf VIII oder etwas darüber. Luxus geht immer.

Mit den ersten 1.000 verkauften Einheiten der Normalversion haben sie dann den Kaufpreis sowie die Kapitalbindungskosten für 15 Jahre locker wieder drin. Das ist mal lässiges Beteiligungsmanagement.

2009 04. März

Ich bin ja notorischer Anmeckerer minderwertiger Serviceleistungen oder Produktqualität. Das Schöne daran: auch jenseits der bekannten Portale wie Ciao, DooYoo, Qype und wie sie alle heißen entfaltet man mit einer PageRank3-Seite einige Reichweite für bestimmte Suchbegriffe 😀 *diabolischlach*

Grund genug, um auch mal die positiven Besipiele anzuführen. Ich war eben seit langem mal wieder auf audible.de, einem Online-Shop für Hörbücher. Da gibt es ein „FlexiAbo“, mit dem man für 9,95 EUR im Monat jeweils ein beliebiges Hörbuch pro Monat kaufen kann. Solange man Flexi-Abo-Kunde ist, verfallen diese Guthaben auch nicht. Da die meisten Hörbücher über 20 EUR kosten, ist das für Viel-Hörer ein guter Deal.

Aber leider nicht für mich, weil ich soviel Zeit gar nicht habe, wie ich dafür haben müsste, den ganzen Kram auch zu hören. Die Dissertation lässt grüßen. Also wollte ich das Abo kündigen. Und war schon leicht angesäuert, weil man die Option dafür nicht auf Anhieb findet. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt 😀

Naja, die angenehme Überraschung war: kostenfreie 0800-Nummer, die bis 19 Uhr besetzt ist. Nette Männerstimme nach zwei Mal klingeln. Ich schildere mein Anliegen, 15 Sekunden, „alles klar, kein Problem, ich kündige Ihnen das so, dass sie das Guthaben noch zwei Wochen lang einlösen können, aber abgebucht wird dann nicht mehr“. Ebenfalls 15 Sekunden. „Kann ich Ihnen sonst noch weiterhelfen?“ „Nein, danke.“

Verwirrung. So guter Service ist ECHT SELTEN!

2009 22. Feb.

Ich war auf der Suche nach einem mobilen Arbeitsgerät ohne viel Schnickschnack und das zu einem vernünftigen Preis. Nachdem ich mit Samsung-Geräten zwar sehr zufrieden war, sich der Service aber als miserabel herausstellte, wollte ich also mehr Augenmerk auf den Faktor „Service im Ernstfall“ legen – so landete ich bei Dell.

Für das Vostro habe ich mich entschieden, weil es in der Größenordnung 13-14″ (Zoll Display-Diagonale) in einigen Tests recht gut abgeschnitten hatte und weil es im Vergleich zu den Consumer-Geräten in dieser Größenklasse mit recht günstigen Einstiegspreisen aufwarten konnte.

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2009 28. Jan.

Es ist schön zu sehen, dass die „Experten“ sich einig sind: das Spektrum der Möglichkeiten zum weiteren Verlauf der Krise ist eng, es reicht nur noch von „die Welt ist auf mehrere Jahre im Arsch“ bis zu „im Sommer 2009 lassen wir die Korken knallen„!

Das Ganze bei derselben Quelle (ZEIT) an einem Tag. Schön, wenn man eine dezidierte Meinung hat.

Ich sage:

2009 20. Jan.

XING wirbt mit folgender Anzeige für den Kooperationspartner und Schuhhändler Goertz.

Von Görtz erhalte ich darauf hin folgende Mail:

Lieber […],

vielen Dank für Ihre Bestellung im Görtz Online-Shop!

Leider können wir Ihnen für Ihren Auftrag keinen Rechnungskauf anbieten und möchten Sie daher bitten, die Zahlung per Nachnahme vorzunehmen. […]

„Lieber“ geht schonmal gar nicht im geschäftlichen Kontext. Und dann wieder ein Laden, der seine Werbeversprechen nicht einlöst. Ich habe mir erlaubt, ausgewählt zynisch zu antworten.

Sehr geehrte Damen und Herren,

wenn ich fragen sollte, warum ein Rechnungskauf nicht möglich ist, würden Sie vermutlich diverse ausweichende Sätze schreiben mit dem Ziel, den ungeliebten Begriff „georeferenzierte Daten“ zu vermeiden. Wenn Sie individuelle Bonitätsdaten verwenden würden, hätten Sie in einem Rechnungskauf in meinem Fall kein Problem gesehen.

Wie dem auch sei: Ihr Kooperationspartner, die XING AG, wirbt auf seiner Webseite mit folgenden Worten:

10 % Preisvorteil auf alle Schuhe und Accessoires bei goertz.de

* XING Premium-Mitglieder sparen exklusiv 10 %
* Täglich neue Schuhe und Accessoires
* Risikoloser Kauf auf Rechnung
* 14-tägiges Rückgaberecht
* Schnelle Lieferung per Hermes

Sie sollten also ggf. erwägen, den dritten Punkt zu streichen oder aber Ihr Werbeversprechen einzulösen, wobei ich mir sicher bin, dass es sich bei der Aussage um einen schrecklichen Übermittlungsfehler zwischen Ihnen und XING handelt.

Da meine Bonität glücklicher Weise so gut ist, dass ich auf 10% Rabatt nicht angewiesen bin, dürfen Sie meine Bestellung umgehend stornieren. Das gilt auch für den Fall, dass Sie Ihre Meinung ändern sollten. Sie unterstützen mit dieser Umverteilungsmaßnahme übrigens die durch die aktuelle Rezession gefährdeten Fachgeschäfte in Wiesbaden.

Mit kaufmännischen Grüßen,

Nachtrag, gleicher Tag, 2 Stunden später
Der SCHUFA UpdateService hat mir eine SMS geschickt mit der Info, dass Görtz meine Daten am 18.1.2009 angefragt hat. Die nutzen also heute schon individuelle Bonitätsinformationen. Warum bei einem Score von über 97% trotzdem kein Rechnungskauf möglich ist – keine Ahnung.

Nachtrag, Freitag 23.01.2009
Görtz online hat mich angerufen und mir angeboten, aufgrund einer erneuten internen Rücksprache doch den Rechnungskauf zuzulassen, zudem versandkostenfrei. Ein guter Schachzug, aber ich habe dankend abgelehnt – die Schuhe stehen jetzt schon bei mir im Schrank. Aber eines muss man Görtz lassen: das Customer Relationship Management funktioniert sehr gut, als Kunde gefällt mir so eine Reaktion und ich ziehe daher in Erwägung, zu einem späteren Zeitpunkt einen Online-Kauf bei Görtz zu probieren.

2009 09. Jan.

..damit auch die Kleinsten wissen, wo sie hin gehören. Sorry, Frau Schwarzer, aber so ist die Welt 😀

2009 05. Jan.

Ich als Betriebswirt bin ja fürs Leben versaut und was meinesgleichen in den Banken während der letzten Jahre angestellt haben, das fliegt uns allen im Moment leider um die Ohren. Weil ich also einer dieser Bösewichte bin, hatten meine sauberen Schwestern auch nichts besseres zu tun, als mich zu Weichnachten mit einer besonderen Variante meines ersten Lieblingsspiels zu bedenken: Monopoly.

Meine Neigungen traten wohl erstmals zu Tage, als ich meine Schwestern -kaum dass sie zählen konnten- dazu „überredete“, mit mir Monopoly zu spielen. Wir hatten also alle früh Zugang zu der Materie 😀

Aber als ich das Geschenk auspackte, wusste ich ehrlich nicht, ob ich weinen oder lachen soll. Ich habe mich dann für lautes Lachen entschieden, denn der Hersteller Parker hat offensichtlich keine Mühen gescheut, um

a) den Nachwuchs so früh wie möglich mit Finanzmarken zu indoktrinieren und

b) mit den vorgesehenen Größenordnungen für Gehalt („Ziehen sie im Vorübergehen 2 Mio. Gehalt ein!“ – das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen), Handlungsanweisungen („Wickeln Sie ihre Millionendeals […] ab!“) und Immobilienkaufpreise (es geht anders als früher ab 600 TEUR los) zu indoktrinieren. Früh übt sich.

(KLICK für größere Version)

Die haben wirklich an alles gedacht: im Hintergrund (links neben dem Sportwagen) sieht man den Betriebsrat bei den…Sondierungsgesprächen für die nächste Entlassungswelle, alternativ ist das der Investmentbanker bei seiner Big-Deal-Party mit einer Edelprostituierten. Davor in seiner Viper der glückliche Bankdirektor. Rechts neben dem Wagen dürfen einige (farbige!) Spielleute in verrückten Kostümen ahnungslos und glücklich um die eilig errichteten Hotekomplexe tanzen – und die Spielfiguren haben so wenig mit all dem zu tun, dass Sie die perfekten Repräsentanten der Anleger sind, die das alles nicht so richtig verstehen, aber Zug um Zug ihre Runden in diesem System drehen.

Ich werde dieses Spiel gut aufbewahren, damit ich meinen Kindern, Enkeln und Urenkeln das als Zeitdokument vermachen kann.

Alternativen zu Monopoly Banking gibt es auch schon 😀 (by gothicvillain)

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