2007 14. Sep

Die Bioshock-Katastrophe

Kaum ein Spiel wurde jemals mit soviel Vorschusslorbeeren bedacht, wie Bioshock. Die Reviewer überschlugen sich und lobten mit Schaum vor dem Mund die Grafikpracht der Unreal-3-Engine, die tolle Story, das innovative Gameplay und überhaupt. Überhaupt meint: „Das wird das Spiel des Jahres, auf jeden Fall. Wie? Was? Erst eine Demo raus? Egal, sabbern wir schonmal bei Amazon die tollen Bewertungen rein. Wie? Was? Äh, Demo ist auch noch nicht da? Egal, für Amazon-Bewertungen reicht es trotzdem!“

Als alter Killerspieler (meine christliche Ordensschule hat mich zu dem gemacht, was ich bin!) musste ich so einen Titel natürlich haben. Also marschiere ich letzte Woche in den lokalen Karstadt und werde als „der Typ in Anzug und Krawatte mit dem Killerspiel in der Hand“ natürlich schon an der Kasse komisch beäugt. Augen machte ich dann auch, allerdings erst später, als sich herausstellte, was für ein geballter Sch**** dieses Spiel ist, und zwar vollumfänglich.

1. Die Technik

Bioshock kommt als DVD mit Kopierschutz. SecuROM nennt sich der. Das Dumme bei dieser Version von SecuROM (vielleicht liegt es auch an Bioshock, ist mir als User aber egal) muss man das Spiel nach der Installation einmalig per Internet aktivieren. Das Problem: man kann zum einen das Spiel im Moment nur zweimal aktivieren und dann -tatatataaaaa- lässt es sich nicht mehr aktivieren! Ja, ihr habt richtig gehört, man verbietet euch dann die rechtmäßige Nutzung des Spiels.

Nicht weiter schlimm, könnte der Kritiker jetzt einwerfen, man muss es ja nur einmal installieren und kann es immer noch einmal weiter verkaufen, aber falsch gedacht: dummerweise verursacht der Kopierschutz an sich massive Probleme mit Virenscannern und Windows. Das Internet ist voll von Berichten frustrierter User, die Probleme haben, Bioshock überhaupt zu spielen. Soundprobleme, Abstürze, mit Windows XP oder auch Vista, mit neuen Grafikkarten und alten, sprich: eine desaströse technische Situation direkt ab Launch.

Dieser bunte Strauß technischer Probleme führte natürlich bei vielen Leuten dazu, dass sie das Spiel neu installierten oder auf anderen Rechnern und jetzt erinnern wir uns an den ersten Absatz: das geht dann nach dem zweiten Mal nicht mehr. Und jeder Computernutzer weiß, wie schnell man ein Programm mal deinstalliert und wieder installiert hat, um Probleme zu beheben – häufig geht es ja gar nicht anders.

Wir halten also fest: Bioshock ist für viele unspielbar aufgrund einer unheiligen Kombination aus Kopierschutz und Internet-Aktivierung (womit der Hersteller nebenbei bemerkt gegen deutsches Recht verstößt, weil durch diese nur zweimal mögliche Aktivierung die Weiterveräußerung des Spiels verhindert wird). Wen Details zu diesen Fakten interessieren, der kann sich hier gütlich tun.

„Glücklicher Weise“ war ich einer von denen, die „nur“ Startprobleme mit dem Spiel hatten. Das Spiel wollte und wollte einfach nicht starten, obwohl nein, mehr noch, bei jedem Startversuch stürzte mein Rechner ab, um genau zu sein. Woran lag es. Klar, wie konnte ich nur so blind sein?! Für das Spiel benötigt man nämlich noch einen extra Grafikkarten Treiber – der, wer hätte das gedacht, auch noch eine Beta-Version ist. Übrigens ist die Aussage „optimiert das Spiel“ etwas missverständlich: der Treiber ermöglicht den Start des Spiels überhaupt erst, zumindest bei mir.

2. Das Spiel

Jetzt zu den innovativen Inhalten, dem super Gameplay, der irren Story und so weiter. Um es vorweg zu nehmen: das einzige, was wirklich besser ist als in allen anderen Spielen ist die Darstellung von Wasser. Wahrscheinlich wussten das die Macher und siedelten die Story einfach wo an? Genau, in einer maroden Unterwasser-Stadt! Um es kurz zu machen: man ist so um 1960 rum Überlebender eines Flugzeugabsturzes und findet diese Unterwasserstadt. Sie wurde von einem reichen…Individuum erbaut, um ein politisch unabhängiges System als Gegenentwurf zu Religion, Kommunismus, Kapitalismus etc. zu ermöglichen. Irgendwas ging schief und haltet euch fest -INNOVATION!- überall laufen Zombies rum, die euch ans Leder wollen.

Das wahnsinnig innovative Gameplay sieht dann so aus, dass man neben normalen Waffen wie Pistole, Schrotflinte oder Granatwerfer „Gen-Upgrades“ bekommt, die einen in die Lage versetzen, die Gegner einzufrieren, abzufackeln oder zu lähmen – und noch einiges mehr. Wahn-sinn. Obwohl moment, gab es das nicht schonmal so ähnlich? Egal, 2002 ist lange her und das kollektive Gedächtnis echt löchrig.

Eine weitere „Innovation“ ist die enorme Handlungsfreiheit in dem Spiel, ein ökonomisch-ethisches Dilemma quasi: der Grundstoff für den Gen-Upgrades wird aus Leichen gewonnen. Die Extraktion erledigen Mini-Zombies in Gestalt kleiner Mädchen. Jedes dieser Mädchen hat einen echt innovativen Beschützer dabei, der aussieht wie ein Mastschwein mit einem 50er-Jahre Marmeladenglas auf dem Kopf. Wenn man den platt gemacht hat, kann man entweder den Mini-Zombie verschonen, 80 Einheiten des Gen-Grundstoffs extrahieren und den Zombie damit wieder in ein kleines Mädchen verwandeln, oder 160 Einheiten bekommen, wodurch die kleine allerdings stirbt. Ok, das ist in Grenzen innovativ, aber immerhin so liebevoll animiert, dass jedes Mal (!) exakt die gleiche Anmination abläuft, wenn man die Extraktion durchführt. Wahn-sinn, ich bin sprachlos ob dieser Pracht. Und diese irre Handlungsfreiheit. Verschonen oder ausbeuten? Haha, ICH habe die Macht, IMMER UND IMMER WIEDER. Ahhhhhh.

Ansonsten führt die Kombination aus normalen Waffen und „Gen-Cyber-Fähigkeiten“ vor allem zu einem: dem Keyboard-Controller-Overkill. Man muss die Waffen wechseln und hat noch verschiedene Munitions-Arten, dann hat man verschiedene Gen-fähigkeiten und beides -Waffen und Gen-Upgrades- muss man „nachladen“. Wenn man dann noch den Verbandskasten benutzen will führt das meist dazu, dass man stattdessen vor seinen Füßen ein Inferno entfacht, das einen dann umbringt.

3. Mein Fazit

Wir halten also fest: man stolpert durch eine zugegebener Maßen nette, aber keinesfalls atemberaubende Unterwasserstadt, in der an jeder Stelle das tolle Wasser irgendwo raus oder runterläuft und ist ausreichend damit beschäftigt, zwischen Waffen, Gen-Fähigkeiten und den verschiednen Munitionen, Reloads und Verbandskästen zu wechseln. Können mir die Reviewer erzählen was sie wollen, aber ich finde das Spiel grob gesagt sehr gewöhnlich auf aktuellem techischen Niveau (Unreal-3-Engine), mit hohem Ressourcenbedarf, relativ dazu gesehen aber sehr mäßiger visueller Qualität.

So, und jetzt geht und überlegt euch, ob ihr 49.99 EUR für dieses Stück Codemüll ausgeben wollt.

Ich jedenfalls werde meinen Rechner jetzt umgehend von dieser Plage befreien und das Spiel verkaufen – und hoffen, dass der Käufer keine Probleme hat, mit denen er mir MEINE Bewertungen versaut.

Update:
Verkauft für schlappe 8 EUR aufgrund eigener Blödheit beim Einstellen. Egal wie scheisse das Spiel ist, für den Preis KANN niemand sauer auf mich sein 😀

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