2007 19. Jun

Business-Case: Lohnt sich eine ÖPNV-Dauerkarte?

Gute Frage, oder? Als umweltbewusster Bürger mit Angst vor Klimakatastrophe und dem Gedöns und Freundin, die es wesentlich weiter zur Arbeit hat als ich selbst und daher unser Auto fährt, habe ich mich neulich gefragt:

Lohnt sich für mich der Erwerb eines ÖPNV-Abotickets (oder wie auch immer die das nennen)?

Gar nicht mal so trivial, denn mit irgendwas muss man das ja kostenmäßig vergleichen. Hat an der Uni mal jemand erzählt, Opportunitätskosten und so. Also habe ich folgendes Szenario entworfen:

  • Alternative 1: ÖPNV-Dauerkarte im Abo für ein Jahr, monatliche Abbuchung, 625,60 EUR / Jahr (Spezialfrage: lohnt sich der Nachlass, wenn man einmal jährlich im Voraus bezahlt?)
  • Alternative 2: Monatlicher Erwerb einer Monatskarte a 63 EUR
  • Alternative 3: Ständiges Kaufen der 4er-Sammelkarte a 7 EUR

Widmen wir uns also den Lösungen:

Alternative 1
Erstmal die Spezialfrage: Die Abo-Karte kostet 625,60 bei monatlicher Zahlungsweise und 613,10 bei jährlicher Vorauszahlung. Macht 2% Rabatt. Danke. Auf meinem Festgeldkonto bekomme ich mittlerweile 4% p.a. Jetzt müsste ich theoretisch ja noch berücksichtigen, dass jeden Monat 62,56 EUR von dieser fiktiven Anlage für das Ticket draufgehen, die Formel erspare ich euch, aber ich komme auf eine Nettorendite von knapp 10 EUR, also sind die 12,50 EUR, die ich mit der Einmalzahlung spare, sogar besser!

Ich nehme also die Einmalzahlung von 613,10 auf mich. Dafür fahre ich in Hessen an 251 Arbeitstagen (2007) zur Arbeit und zurück. Zusätzlich habe ich 30 Tage Urlaub. Macht 221 Arbeitstage. Sagen wir (das ist keine Ankündigung! :D), dass ich vielleicht nochmal 3 Tage krank bin, dann kommen wir auf 218 Arbeitstage. Je Arbeitstag zahle ich also 2,81 EUR fürs ÖPNV-Fahren. Das ist schonmal nicht schlecht. Ausserdem kann ich jeden Tag fahren im Jahr und nach 19 Uhr eine weitere Person mitnehmen (und auch die nicht vorhandenen Kinder).

Alternative 2
Jeden Monat werden hier 63 EUR fällig. Nehmen wir an, dass ich meinen Urlaub so nehme, dass ich einen Monat sparen kann, dann kommen so 693 EUR zusammen. Ziemlich unflexibel ist man da wegen der Feiertage und wegen des Urlaubs, auf der anderen Seite kann man auch hier wie bei Alternative 1 Leute mitnehmen.

Alternative 3
Eine Sammlekarte besteht aus vier Einzelfahrkarten und kostet 7 EUR. Wenn man davon ausgeht, dass man dieselben 218 Tage im Jahr arbeitet, dann kommt man auf 436 Fahrten / 4 mal 7 EUR gleich 763 EUR.

Fazit

An dieser Stelle bin ich vorher übelst über die blöden Stadtwerke hergezogen. Dabei ist mir Trottel ein Fehler unterlaufen, für den ich in der Firma vom Vorstand einen MEGA-Rüffel bekommen hätte. Fakt ist: die Jahreskarte im Abo lohnt sich in jedem Fall, ganz egal, ob man monatlich oder jährlich zahlt. Man spart immer über 100 EUR und kann zusätzlich jeden Tag im Jahr durch die gegend gondeln und nach 19 Uhr jemanden mitnehmen. Das ist doch mal was.

Danke an Andreas für den Hinweis auf meine fehlende Kompetenz in Logik 😉

Ein Jahresabo lohnt sich also nur dann, wenn man nicht nur auf die Arbeit, sondern auch sonst regelmäßig mit Bus und Bahn fährt. Die Frage, die ich mir stelle: warum gibt es kein Produkt für Berufsverkehr-Pendler? Der ÖPNV hat alle möglichen schwachsinnigen Tarife parat, zum Beispiel die famose „9-Uhr-Karte“. Damit kann man werktags rumfahren wie man will, aber eben erst nach 9 Uhr. Da werden die Berufstätigen also bewusst diskriminiert, klar, die haben ja auch zuviel Geld. Dafür können Berufsfrauen, Rentner und Arbeitslose so richtig loslegen für 50 EUR im Monat bzw. nur 42 EUR. Logo, die fördere ich mit meinen Sozialabgaben ja auch noch nicht genug, ich meine, unsere Generation versorgt von beidem (Renter und Arbeitslose) mehr, als jemals eine andere Generation nach 1945. Da Arbeitslose als Konsumenten für sowas wohl auch wegfallen, bleiben tatsächlich nur Rentner übrig – die Berufsfrauen, die ich auch ganz besonders doll gern habe, die fahren wiederum eher SLK-Cabrios und nicht ÖPNV.

Stattdessen könnten die Herrschaften vom ÖPNV trotz allem mit dickem Gewinn ein Berufspendler-Ticket auflegen, das nur werktags bis 9 und meinetwegen nach 16 Uhr gilt und am Wochenende als kleinen Bonus. Sagen wir für 400 EUR, da wäre ich dabei. Oder für 350 und dann nicht am Wochenende. Ich könnte mir vorstellen, dass dann mehr Leute ÖPNV fahren würden. Auf Personen zum Mitnehmen kann ich verzichten, danke auch.

Jetzt werde ich so viele Einzelkarten auf Halde aus dem Automaten ziehen, dass allein an Papierkosten und Arbeitsaufwand für die Befüllung ein meßbarer Aufwand besteht. Und erst die Abnutzung der „Sammelticket“-Taste… 😉

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