Weihnachts-Dialektik 2008
Das Jahr war nicht einfach und das nächste wird das ökonomische Horror-Jahr, aber es kann ja nur besser werden! Überhaupt kein Grund zu verzagen oder nicht mit dem Finger auf die zu zeigen, die den ganzen Shit eifrig auf den Weg gebracht haben 😀
Fröhliche Weihnachten also und einen guten Rutsch ins neue Jahr mit einen kleinen Rückblick auf Altbekanntes!
Von drauß‘ vom Walde käm er her,
und würd‘ euch sagen: es weihnachtet sehr.
Und dass allüberall auf den Tannenspitzen,
kleine, singende Englein sitzen.
Er geht hinaus zum leeren Stall
und streicht entlang an hölz’nen Toren.
Was früher war des Lebens voll
ist gänzlich leer und wirkt erfroren.
In weit entfernter, guter Zeit
durchpflügte er das Winterland;
und weil es stürmt und heftig schneit
bedeckt die Augen seine Hand.
Ein Schemen gleitet aus dem Forst
vor den entsetzten Weihnachtsmann.
Der sich denkt noch „Was für ein Horst!“
und hält abrupt den Schlitten an.
Er ruft nach vorn „Du alter Tor!“,
doch dann bemerkt er edles Tuch.
Es stellt sich flugs Herr Lehmann vor
ein Spezialist auf Arbeitssuch’.
Herr Lehmann bittet um Transport
und ist hier draussen ganz allein:
„Nur bis da vorn, zum nächsten Ort,
das soll es dann gewesen sein!“
Doch auf der Fahrt ergibt sich dann,
dass Herr Lehmann kurz erzählt
was ihn beschäftigt dann und wann
in seiner Spezailistenwelt.
In dieser Nacht erfährt Herr Santa
von den anderen Kollegen,
die in fernen Winterlanden
wesentlich komfortabler leben.
Größ’rer Schlitten, mehr Geschenke,
Weihnachtsfrau’n und Doppelbänke.
Und falls dies nicht ist geheuer:
Er spare sogar hohe Steuern.
Herr Santa, ja, der ist ganz Ohr,
was Lehmann in der Nacht erzählt
und als die Sonne kommt hervor,
da sieht er sie, die neue Welt.
Er muss an sich ja gar nichts ändern,
fährt weiterhin Geschenke aus,
doch mit dem Dank der kleinen Kinder,
damit kennt sich Lehmann aus.
Das Kernproblem, wie er erklärt,
ergibt sich schon aus dem Gefährt,
denn wenn dieses größer soll
braucht Santa Working Capital.
Dieses aber ist gebunden
in Schlitten, Geschenken, Überstunden
und wenn’s sich stärker mehren soll,
dann braucht man bares Kapital.
Lehmann könne ihm schon sagen,
wie er dieses kriegen kann,
nur dürfe er dann nicht verzagen,
wenn es eng wird dann und wann.
„Warum er das denn machen soll“,
fragt Santa sachlich, nicht naiv,
Herr Lehmann sagt „ist supertoll,
was dir gehört wird nur verbrieft.
Dein Aktionär ist Christ im Himmel,
dein Produkt ist das Geschenk,
du fährst es aus mit viel Gebimmel
und willst, dass Kinder artig sind.
Die Kinder haben nunmehr Schulden,
sie müssen deinen Willen dulden.
Dieser Nutzen, der ist messbar,
denn die Menschen sind erpressbar:
wenn sie nicht gehorsam sind,
gibt’s kein Geschenk für’s böse Kind.
Und den Willen kund zu tun,
dieses Recht verkaufst du nun
an einen, der die Kohle hat,
als Folgsamkeits-Zertifikat.
Damit der Käufer dann auch weiß,
dass die Kind’ dir folgen blind,
sorgen wir durch kleinen Preis
dass wir gut geratet sind.
Mit Triple A und Subprime Plus
lebt es sich auf großem Fuß.
Weil Käufer ja des Glaubens sind
dass folgsam sind die kleinen Kind’.
Und mit dem Geld aus den Verkäufen
kannst du mehr Geschenke häufen,
diese an die Kinder geben
neue Wertpapier’ ausgeben.
Dies System wird allen nutzen:
du musst nicht mehr Klinkenputzen,
Kinder kriegen mehr Geschenke,
es maximiert sich so der Nutzen.“
So ging es aufwärts viele Jahr’
und alle Käufer war’n zufrieden.
Die Kinder folgten wunderbar,
den Weihnachtsmann sie alle lieben.
Dass man Demut kaufen kann,
das war ein Markt mit Potential.
Was bewirkt: der Vatikan
der beste Kunde dazumal.
Der Weihnachtsmann am Firmament,
dem alle Kind’ zu Füßen liegen.
Der Vatikan freut sich latent
ob des erkauften Seelenfriedens.
Auch Lehmann, der frohlockt obschon
der immensen Provision
und vernascht in Sansibar
die blond gemähnte Engelsschar.
Doch eines Tages knallt’s extrem,
es kollabiert das Geldsystem.
Der Vatikan ruft wütend an
dass keiner Glaubt, das Knie mehr beugt,
Herr Santa fragt, woher das kam?
Herr Lehmann nur Unschuld bezeugt.
Als Santa sich Verträge nimmt,
sie erstmals liest und auch versteht,
da erkennt er, Sakrament!,
das System gen Abgrund geht.
Dem Vatikan verbriefte er
die christlich’ Demut aller Kinder,
doch nun erkennt er folgenschwer:
die Hälfte davon sind ja Inder!
Die sind nicht christlich, spülen munter
die Kruzifix’ den Ganges runter.
In seiner Not ruft Weihnachtsmann
den schlauen Spezi Lehmann an.
Doch Lehmann, hört er, Sakrament!
der ist schon weg, ist insolvent.
Da sitzt er nun und starrt von dannen,
schweift in Gedanken ach! Dahin,
durch dunklen Forst und schwarze Tannen
wo nun Gespann und Schlitten sind.
Geschenke kann er nicht mehr kaufen,
dank dem Lehmann, diesem Fiesling,
das Gespann, zum Haare raufen,
ist auch weg: Cross Border Leasing.
Mit einem Mal stiebt auf der Schnee,
der Donner grollt und Blitze zucken.
Dem Santa tun die Ohren weh
und es ist hell, zu hell zum gucken.
Dann erhebt der Herr die Stimme,
„Santa, was ist das, du Tor!?
Dir steht das Wasser bis zum Kinne,
kommst du dir gar nicht komisch vor?
Ich rette dich und das System,
doch vorher hör’, was ich jetzt sage:
Geschenke werd’ ich finanzieren
aus Kirchensteuer und Kollekten,
doch wirst du dich in Zukunft zieren
zu folgen den Renditesekten!
Und falls du dem nicht folgen magst,
den Glauben an mich weiter gängelst,
dann schicke ich dir –nicht den Papst-
aber dafür Marx und Engels.“
Spricht’s entschwindet allzugleich
und hinterlässt den Santa bleich.
Doch mit Gespann und auch Geschenken,
hat Santa wieder was zu lenken.
Mit ruhiger Hand und neuem Mut
macht sich Santa auf sogleich.
Mit altem Mantel, altem Hut,
doch letztlich -auch das Alte reicht.